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Diskriminierungs- und Belästigungsschutz am Arbeitsplatz in den Vereinigten Arabischen Emiraten – Rechtliche Rahmenbedingungen und Pflichten der Arbeitgeber

Die VAE bieten Arbeitnehmern umfassenden Schutz vor Diskriminierung und Belästigung am Arbeitsplatz. Dieser Beitrag erläutert die zentralen Rechtsvorschriften, Pflichten der Arbeitgeber und gibt praxisnahe Empfehlungen für ein sicheres und respektvolles Arbeitsumfeld.

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) haben mit einer Reihe von Gesetzesreformen ein kohärentes Schutzsystem gegen Diskriminierung und Belästigung am Arbeitsplatz geschaffen. Kernstück ist das Federal Decree-Law No. 33 of 2021 on the Regulation of Labour Relations („Labour Law“), flankiert durch das Federal Decree-Law No. 34 of 2023 on Combating Discrimination, Intolerance and Hatred sowie die Cabinet Resolution No. 43 of 2018 on Occupational Health and Safety. Diese Regelwerke begründen sowohl präventive als auch repressive Schutzmechanismen zugunsten der Arbeitnehmer und legen klare Compliance-Pflichten für Arbeitgeber fest.

I. Rechtsgrundlagen des Diskriminierungsschutzes

Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist in den VAE arbeitsrechtlich ausdrücklich verankert. Nach Art. 4 (1) Labour Law dürfen Arbeitnehmer nicht aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Religion, nationaler oder sozialer Herkunft oder einer Behinderung benachteiligt werden. Dieses Diskriminierungsverbot erstreckt sich auf sämtliche Phasen des Arbeitsverhältnisses, von der Einstellung über Beförderungen bis hin zur Beendigung.

Zudem sieht Art. 27 Labour Law vor, dass Arbeitnehmer für gleiche oder gleichwertige Arbeit Anspruch auf gleiche Vergütung haben, unabhängig vom Geschlecht. Die Norm konkretisiert damit den Grundsatz der Lohngleichheit, der in internationalen Standards wie der ILO-Konvention Nr. 100 festgeschrieben ist.

Darüber hinaus normiert das Federal Decree-Law No. 34 of 2023 on Combating Discrimination, Intolerance and Hatred in Art. 2 ff. ein strafbewehrtes Diskriminierungsverbot. Erfasst werden insbesondere Diskriminierung und Intoleranz aufgrund von Religion, Glauben, Bekenntnis, Rasse, Hautfarbe oder ethnischer Herkunft. Arbeitgeber, die Diskriminierung im Betrieb dulden, laufen damit Gefahr, nicht nur arbeitsrechtlichen, sondern auch strafrechtlichen Konsequenzen ausgesetzt zu sein.

II. Belästigung, Mobbing und Gewalt am Arbeitsplatz

Ein zentrales Element des Schutzsystems ist das Verbot der Belästigung. Art. 14 Labour Law untersagt ausdrücklich jede Form von Mobbing, sexueller Belästigung sowie verbaler, physischer oder psychischer Gewalt am Arbeitsplatz. Dieses Verbot ist weit auszulegen und umfasst neben klassischen Fällen sexueller Anzüglichkeiten auch wiederholte Einschüchterungen, Drohungen oder herabwürdigende Verhaltensweisen, die geeignet sind, die Würde des Arbeitnehmers zu verletzen.

In Zusammenschau mit Law No. 34/2023 ergibt sich ein zweistufiges Schutzsystem: Das Labour Law verpflichtet Arbeitgeber zu präventiven und repressiven Maßnahmen innerhalb des Arbeitsverhältnisses, während Law No. 34/2023 strafrechtliche Sanktionen für besonders gravierende Verstöße vorsieht. Damit wird ein umfassender Rechtsrahmen geschaffen, der sowohl zivilrechtliche Ansprüche als auch strafrechtliche Verantwortlichkeit umfasst.

III. Arbeitsschutzrechtliche Rahmenbedingungen

Die Cabinet Resolution No. 43 of 2018 on Occupational Health and Safety konkretisiert die allgemeinen Arbeitgeberpflichten aus dem Labour Law. Nach Art. 3 der Resolution sind Arbeitgeber verpflichtet, ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld zu gewährleisten, das sowohl die physische als auch die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer schützt.

Dies umfasst nicht nur klassische Arbeitsschutzmaßnahmen im Sinne des Gesundheitsschutzes, sondern auch Maßnahmen gegen psychosoziale Risiken, die durch Diskriminierung oder Belästigung entstehen können. Arbeitgeber haben daher interne Richtlinien einzuführen, die Beschwerden vertraulich und wirksam behandeln, Schutz vor Repressalien sicherstellen und präventive Programme wie Schulungen oder Sensibilisierungsmaßnahmen implementieren.

IV. Durchsetzung und Sanktionen

Arbeitnehmer, die Opfer von Diskriminierung oder Belästigung werden, können gemäß Art. 54 Labour Law eine Beschwerde beim Ministry of Human Resources and Emiratisation (MOHRE) einreichen. Das MOHRE führt zunächst ein Schlichtungsverfahren durch; bei Erfolglosigkeit wird der Fall an die Arbeitsgerichte verwiesen.

Bei Verstößen gegen das Diskriminierungs- oder Belästigungsverbot drohen Arbeitgebern empfindliche Bußgelder. Nach dem Labour Law können Geldstrafen verhängt werden, die sich je nach Schwere des Verstoßes in den sechsstelligen AED-Bereich erstrecken. Law No. 34/2023 sieht darüber hinaus strafrechtliche Sanktionen wie Freiheitsstrafen und erhebliche Geldstrafen vor, wenn eine Diskriminierung oder Hassrede im Sinne der Norm vorliegt.

Verstöße gegen die Cabinet Resolution No. 43/2018 können verwaltungsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen, die von Geldbußen bis hin zur zeitweisen Schließung des Betriebes reichen. Arbeitgeber riskieren somit erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen, wenn sie ihren Präventions- und Schutzpflichten nicht nachkommen.

V. Empfehlungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben erfordert von Arbeitgebern ein strukturiertes Compliance-Management. Empfehlenswert sind insbesondere:

  • Implementierung klarer Anti-Discrimination- und Anti-Harassment-Policies, die allen Arbeitnehmern zugänglich gemacht werden;
  • Einrichtung vertraulicher Beschwerdeverfahren sowie Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen für Hinweisgeber;
  • Regelmäßige Schulungen für Mitarbeiter und Führungskräfte, um Prävention und Sensibilisierung sicherzustellen;
  • Dokumentation und interne Kontrolle aller Vorfälle, um rechtliche Risiken und Reputationsschäden zu vermeiden.

Arbeitnehmer sollten ihre Rechte kennen, diskriminierende oder belästigende Vorfälle sorgfältig dokumentieren und zunächst die internen Beschwerdemechanismen nutzen. Bleibt eine Abhilfe aus, können sie das MOHRE anrufen und ihre Ansprüche vor den Arbeitsgerichten geltend machen.

VI. Fazit

Mit dem Zusammenspiel von Labour Law (Federal Decree-Law No. 33/2021), Law No. 34/2023 sowie der Cabinet Resolution No. 43/2018 verfügen die VAE über ein modernes, mehrschichtiges Regelungssystem zum Schutz vor Diskriminierung und Belästigung am Arbeitsplatz. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind gleichermaßen gefordert, diese Normen nicht nur rechtlich einzuhalten, sondern sie als Bestandteil einer nachhaltigen Unternehmenskultur zu begreifen. Nur durch konsequente Prävention, interne Transparenz und rechtliche Durchsetzung kann ein diskriminierungsfreies und sicheres Arbeitsumfeld gewährleistet werden.

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