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VAE: USt-Änderungen definieren Kriterien für zusammengesetzte Lieferungen neu

Eine detaillierte Betrachtung der seit November 2024 geltenden Regelungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Lieferungen mit mehreren Bestandteilen und deren Auswirkungen auf verschiedene Branchen
  • Seit dem 15. November 2024 gilt: Damit eine Lieferung als „einheitliche zusammengesetzte Lieferung“ anerkannt wird, dürfen die einzelnen Bestandteile weder gesondert bepreist noch separat ausgewiesen werden.
  • Die Neuregelung betrifft insbesondere Branchen mit gebündelten Leistungen, wie Luftfahrt, Gesundheitswesen, IT und Immobilien.
  • Unternehmen sind angehalten, ihre bestehende umsatzsteuerliche Einordnung von Lieferungen sowie Vertrags- und Abrechnungsmodalitäten zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Überblick zur neuen Behandlung von Lieferungen mit mehreren Komponenten

Das USt-System der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) unterscheidet zwischen vier Kategorien von Lieferungen: Standard-VAT, Zero-Rated (0%), befreit (Exemption) oder außerhalb des Geltungsbereichs der VAT (Out-of-Scope).

Besteht eine Lieferung aus mehreren Bestandteilen, ist zu prüfen, ob es sich um eine einheitliche zusammengesetzte Lieferung oder um mehrere getrennte Einzelleistungen handelt.

Bisher erfolgte die Abgrenzung auf Basis zweier anerkannter Kriterien:

  1. Haupt- und Nebenleistungstest:
    Dabei wird bewertet, ob einzelne Elemente lediglich Nebenleistungen zur Hauptleistung darstellen.
  2. Test der künstlichen Aufspaltung:
    Hierbei wird untersucht, ob eine Aufteilung wirtschaftlich oder sachlich unnatürlich wäre.

Mit der Umsetzung des Beschlusses des Ministerrats Nr. 100 von 2024, der am 15. November 2024 in Kraft getreten ist, wurde ein weiteres Kriterium eingeführt:

  • Preisausweis-Kriterium:
    Um als einheitliche zusammengesetzte Lieferung zu gelten, dürfen für die verschiedenen Komponenten weder im Vertrag, in einem Angebot noch auf der Rechnung Einzelpreise ausgewiesen sein. Wird ein Preis für jede Komponente separat genannt, gilt die Lieferung als mehrfache Einzelleistungen – selbst wenn die beiden oben genannten Tests erfüllt sind.

Zeitlicher Ablauf:

  • 4. Oktober 2024: Erlass des Ministerratsbeschlusses Nr. 100 zur Änderung der Ausführungsbestimmungen des Mehrwertsteuergesetzes.
  • 15. November 2024: Inkrafttreten der Änderungen.
  • 14. März 2025: Veröffentlichung der öffentlichen Klarstellung VATP040 durch die Steuerbehörde (FTA), in der die neuen Vorgaben konkretisiert werden.

Konsequenzen für Unternehmen

Die Neuregelungen erfordern eine umfassende Überprüfung der Vertragsstrukturen, Preisgestaltungen und Abrechnungspraktiken. Branchen mit häufig gebündelten Leistungen sollten besonders sorgfältig vorgehen:

  • Luftfahrt:
    Günstigfluggesellschaften berechnen häufig separat Leistungen wie bevorzugtes Boarding oder Sitzplatzwahl. Diese könnten künftig als eigenständige Lieferungen gelten und entsprechend der Umsatzsteuer unterliegen.
  • Gesundheitswesen:
    Krankenhäuser, die Unterkunft und Verpflegung getrennt von der medizinischen Hauptleistung abrechnen, müssen prüfen, ob daraus getrennte Lieferungen resultieren – mit möglicher Steuerpflicht.
  • Informationstechnologie:
    Unternehmen, die Software zusammen mit Installations- oder Supportleistungen ins Ausland liefern, könnten gezwungen sein, ihre Leistungen aufzuteilen, was Auswirkungen auf die bisherige Nichtsteuerbarkeit bei Auslandslieferungen hätte.
  • Immobilienwirtschaft:
    Bauträger, die für Ratenzahlungspläne und Einmalzahlungen unterschiedliche Preise ausweisen, müssen klären, ob diese Preisgestaltung als eigenständige (ggf. steuerfreie) Finanzdienstleistungen zu behandeln ist.

Fazit

Die Einführung des Preisausweis-Kriteriums stellt einen signifikanten Wandel im USt-System der VAE dar. Unternehmen sollten ihre Leistungsbündelungen, Vertragswerke und Rechnungsstellung sorgfältig anpassen, um Rechts- und Planungssicherheit zu gewährleisten.

Ein Versäumnis in der Umsetzung kann zu unerwarteten Umsatzsteuerschulden und entsprechenden Sanktionen führen.

Empfehlungen für Unternehmen:

  • Vollständige Überprüfung aller Lieferungen mit mehreren Komponenten auf deren umsatzsteuerliche Behandlung.
  • Verträge, Preisgestaltung und Rechnungslegung so gestalten, dass nur dann Einzelpreise ausgewiesen werden, wenn dies ausdrücklich beabsichtigt ist und steuerlich korrekt erfolgt.

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